Kaputtes Fenster in der Hammersmith-Kaserne
Kaputtes Fenster in der Hammersmith-Kaserne

Verlassene Militärromantik auf dem ehemaligen Kasernengelände in Herford. Die einstige Hammersmith Kaserne in Herford ist ein eher unbekannter Lost-Place, dadurch erweist sich die Recherche als etwas schwieriger. Ich habe mir trotzdem Mühe gegeben alles Relevante mit hoffentlich richtigen Hintergrundinformationen darzustellen.

Geschichte der Hammersmith Kaserne

Die Hammersmith-Kaserne ist eine von drei Kasernen in Herford, die im Rahmen des zweiten Weltkriegs entstanden sind.

Estorff‑Kaserne

Die Hammersmith-Kaserne hieß ursprünglich Estorff-Kaserne und wurde 1935 von der Wehrmacht zu Ausbildungszwecken bezogen. Die Gebäude auf dem Gelände, sowie zwei weiteren Kasernen wurden extra hierzu erbaut. Das Regiment wurde schon ein Jahr zu vor in Fabrikhallen in der Region untergebracht. Die Estorff-Kaserne erhielt ihren Namen erst 1937 in Anlehnung an einen damaligen Generalleutnant.

Gebäude der Hammersmith-Kaserne
Ehemalige Unterkunft - im Vorbau vorne befand sich die Kantine

Britisches Militär & Geheimdienst in Herford

Mit dem Ende des zweiten Weltkriegs besetzten die Briten die drei Kasernen in Herford und benannten die Estroff-Kaserne nach dem Londoner Stadtteil "Hammersmith". Zusätzlich beschlagnahmten sie umliegende Häuser für den Nachzug der Familien britischer Soldaten und enteigneten somit einige Menschen die dort lebten. Im Nachgang meiner Fototour habe ich herausgefunden, dass die Herforder-Kasernen 1946-1951 das Hauptquartier des Geheimdienstes in der britischen Zone waren. Grundsätzlich weiss man darüber erst seit etwa 2018 Bescheid.

Die britischen Streitkräfte wurde 2015 aus Herford abgezogen. 2015/2016 wurde ein Teil der Hammersmith-Kaserne als Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge genutzt. Seit dem steht das Gelände leer. Die Stadt Herford hat allerdings einige Pläne für die weitere Nutzung der Fläche.

Verfallene Sporthalle der Hammersmith-Kaserne
Die alte und sichtlich marode Sporthalle

Zukunftspläne: Hammersmith Quartier und Wohnbereich

Die Stadt Herford möchte auf dem ehemaligen Gelände der Hammersmith-Kaserne ein "vielfältiges Quartier" errichten. Darunter versteht die Stadt ein gemischtes Wohnquartier mit Nahversorgungszentrum. 2018 wurde das Projekt im Rahmen eines Wettbewerbs an ein Architekturbüro übergeben. Aus Gründen der baulichen Veränderung wurden die ursprünglichen Pläne des Architekturbüros von einem weiteren Büro 2021 überarbeitet. Es zieht sich also alles etwas in die Länge.

Einige Teile, wie die historischen Reitställe sollen teilweise erhalten bleiben und in besondere Reihenhäuser umgewandelt werden. Drei Kasernengebäude wurden bereits zu Studentenwohnheimen umgebaut. Mir wäre vor Ort gar nicht aufgefallen, dass die neuen Studentenwohnungen nebenan auch mal Kasernengelände waren.

Wer einen Eindruck davon bekommen möchte, was aus der Kaserne wird, kann sich das Gelände der ehemaligen Wentworth-Kaserne anschauen. Diese ist schon weit fortgeschritten in ihrem Umbau zu einem Bildungscampus. Wer aber die Hammersmith-Kaserne als Lost Place besuchen möchte, sollte damit nicht mehr allzugange warten. Ticket gibt es über eine Website der Stadt Herford.

Lost Place Fototour Hammersmith Kaserne

Die Lost-Place-Fototour in der Hammersmith-Kaserne wird nicht durch einen größeren Anbieter, sondern durch die Stadt selbst organisiert, daher bin ich nur durch Zufall darauf gestoßen. Das Gelände ist wirklich groß (10,1 Hektar) mit ehemals 10 Kasernengebäuden und die Zeit war alles in allem etwas zu knapp, so dass ich es nicht durch alle Gebäude geschafft habe und zum Beispiel die Fahrzeughallen nicht mehr besichtigen konnte. In Anbetracht des günstigen Preises war das aber vollkommen in Ordnung und auch der Herr, der die Tour veranstaltet hat, war wirklich nett. Der Teilnehmerkreis war eher klein (ca. 15 Personen) und somit verlief es sich auf dem Gelände gut und ich konnte viel Zeit mit ausgewählten Motiven verbringen. Zudem haben alle Teilnehmer:innen einen laminierten Lageplan ausgehändigt bekommen - ohne diesen wäre es auch schwer sich zu orientieren.

Ein Punkt, der mit besonders ausgefallen ist, ist das zahlreiche Herumliegen von alter Bettwäsche und Bettlaken, besonders in den oberen Etagen der Unterkünfte. Vermutlich stammen diese von der Zeit als Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge oder wurden im Rahmen einer Veranstaltung dort liegen gelassen. An ein, zwei Orte waren noch Rückstände von Dekorationen von Grusel-/Halloweenparties, vielleicht stammt die Wäsche auch daher.

Meine persönliche Herausforderung auf dieser Lost-Places-Tour war das Framing, sprich so zu fotografieren, also wenn man durch ein Fenster, eine Tür etc. in einen Bereich reinschaut. Mein Hintergrundgedanke war, dass die Lost Places Fotos dadurch noch etwas mehr so wirken, als würde man in einen anderen Ort/eine andere Zeit reinschauen. Zudem waren die Motive an sich eher etwas ruhiger und gleichwertiger. Bei anderen Touren ist es häufig so, dass es 2-3 überdurchschnittliche tolle Motive in den Gebäuden gibt, aber hier war es eher einheitlich.

Dusche und Waschbecken in der Werkstatt
Dachstuhl der Hammersmith-Kaserne
Dachboden der Pferdeställe
Wartezimmer der Hammersmith-Kaserne
Wartezimmer?
Kellergänge inszeniert mit Licht
Kellergeschoss - inszeniert mit roter Taschenlampe
Arbeitsplätze in der Hammersmith-Kaserne
Arbeitsplätze oberhalb der Werkstätten
Vitrine in der Mensa
Alte Vitrine in der ehemaligen Kantine
Pferdeställe der Hammersmith-Kaserne
Pferdeställe

Geländeübersicht der Hammersmith-Kaserne

Wer die Fototour ebenfalls buchen möchte, sollte eine FFP2-Maske mitnehmen. Ein Gebäude ist nämlich von Schwarzschimmel befallen und auch als solches auf der Karte, die man vor Ort bekommt, gekennzeichnet. Zur Übersicht und dem besseren Verständnis, habe ich eine grobe Übersicht erstellt:

Zusammenfassung

Die Lost-Places-Fototour in der Hammersmith-Kaserne würde ich auf jeden Fall empfehlen. Sie ist besonders geeignet für Fotograf:innen, die sich Zeit für die Motive nehmen wollen, ohne dass schon der oder die Nächste im Nacken sitzt, jemand mit Blitz fotografiert oder durch das Bild läuft. Die Motive würde ich als nicht ganz so spektakuläre bezeichnen, wie bei solchen Touren, die spezialisierte Veranstalter anbieten. Trotzdem gibt es viel zu sehen und zu entdecken und auch interessante Motive. Direkt am Eingang auf der rechten Seite ist außerdem ein kleiner Bereich mit einer alten Tankvorrichtung, welcher in Anbetracht des großen Geländes schnell übersehen wird. Auch mir ist er erst aufgefallen, als ich das Gelände verlassen habe und die Zeit schon vorüber war. Wer Interesse an einer weiteren verlassenen Kaserne hat, für den könnte die verbotene Stadt Wünsdorf etwas sein.

Quellen und Infos zum Weiterstöbern

https://www.herford.de/Planen-Bauen-Wohnen-/Konversion

https://de.wikipedia.org/wiki/Militärgeschichte_der_Stadt_Herford

https://www.westfalen-blatt.de/owl/kreis-herford/herford/arbeitete-hier-der-britische-geheimdienst-1262336

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